Vereinigungs-Gang
(Rosenstraße), Adler-Gang und Nagels Gang
Wie schon anhand der Überschrift leicht zu erkennen ist, betreten wir heute von der Rosenstraße aus mal wieder ein kleines Gang-System, das bis zur Großen Gröpelgrube und zur Wakenitzmauer reicht. Eigentlich gehört auch noch der Gemeinschafts-Gang in der Großen Gröpelgrube Nr. 51 mit dazu, da dieser jedoch nicht mehr so wirklich vorhanden ist, sei er nur der Vollständigkeit halber an dieser Stelle erwähnt…
Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts finden das Vorderhaus Nr. 25 in der Rosenstraße und der zugehörige Gang Erwähnung. Lange Zeit gehörte dieses Anwesen den Vorstehern der Jakobikirche, die hier ihren Werkmeister einquartierten und der Gang deswegen den Namen „Werkmeistergang“ erhielt [1] [3]. Der Werkmeister führte die Kirchenbücher, verwaltete die Kirchenkasse und war für die Auszahlung von Löhnen und Gehältern zuständig sowie für die Aufsicht über die Bauarbeiten in der Kirche.
Später etablierte sich hier ein ausgedehnter Handel mit Stock- und Klippfischen, die im Hof gewässert und wieder aufgeweicht wurden, bevor sie verkauft werden konnten. Aus dieser Zeit ist der Name „Fischweichergang“ überliefert [3].
Den Namen „Vereinigungs-Gang“ erhielt dieser Gang wohl erst in den 1840er Jahren, als er mit zwei benachbarten Gängen zu einem einzigen vereinigt wurde [1]. Ob dies der Adler-Gang, einer oder beide Gemeinschafts-Gänge in der Großen Gröpelgrube oder möglicherweise sogar Nagels Gang in der Wakenitzmauer gewesen sein könnten, ist nicht nachvollziehbar. Im Laufe der Jahre fanden hier etliche Umbauten statt, unter anderem auch, weil viele Ganghäuser mangels Pflege baufällig geworden waren und abgerissen werden mussten. Die Aufzeichnungen über diese Veränderungen wurden nur leider noch nicht so akribisch durchgeführt wie heute oder die Unterlagen sind über die Jahre irgendwo verschollen.
Am Ende des Vereinigungs-Gangs findet man heute eine kleine Ruheoase mit Sitzgelegenheiten und ein paar Spielgeräten für die lieben Kleinen.
Auf diesem Foto sieht man noch den alten Birnbaum, dem dieser Hof auch den inoffiziellen Namen „Birnbaumhof“ zu verdanken hat. Anfang 2021 musste dieser schöne Baum leider gefällt werden, aber schon im April 2021 konnte, nach einer Spendenaktion der Anwohner, ein neuer Birnbaum gepflanzt werden [4].
Dreht man sich am Ende des Vereinigungs-Ganges nach rechts, noch bevor man den Innenhof richtig betritt, gelangt man in den Adler-Gang (im Foto unten befindet sich der Vereinigungs-Gang hinter dem Haus auf der rechten Bildseite, zum Adler-Gang geht es geradeaus unter der Pergola hindurch).
Der Adler-Gang erhielt seinen heutigen Namen von der Krugwirtschaft „Der Adler“ oder „Zum Adler“, im Volksmund „Adlerkrug“ genannt, die sich bereits 1441 hier nachweisen lässt. Ehemaligen Besitzern zufolge hieß er zwischenzeitlich aber auch „Marieken Gang“ (1582) und „Möllers Gang“ (1611) [5] [6].
Wo wir gerade in der Großen Gröpelgrube stehen, gehen wir noch ein paar Meter nach rechts zu Hausnummer 51. Hier befand sich bis 1978 der Eingang zu einem der beiden Gemeinschafts-Gänge (der Gang in Nr. 37 ist in einem der folgenden Artikel an der Reihe). Vor dem zweiten Weltkrieg wurden die schon damals nicht mehr bewohnten Buden von der Wild- und Geflügelhandlung Buck als Lagerräume genutzt, in den Nachkriegsjahren befand sich hier eine Orthopädiewerkstatt. Am Ende des Ganges gab es einen schmalen Durchgang zu Nagels Gang, der später aber durch einen hohen Bretterzaun verschlossen wurde. Vermutlich ist der Name „Gemeinschafts-Gang“ auf diese Verbindung zurückzuführen [7].
Nun geht es wieder zurück in den Adler-Gang. Vom geräumigen Innenhof zeigt sich der Blick in Richtung Ausgang Wakenitzmauer: Nagels Gang. Außer dem Durchgang durch das Vorderhaus, ist von den ehemaligen Buden allerdings nichts mehr übrig geblieben.
Ganz interessant ist noch, dass dieser Gang um 1586 auch dem Eigentümer des Baumgartens im Rosengang (Rosenstraße), einem gewissen Heinrich Paulsen, gehörte [8]. 1820 wurden die zwei Buden, die dieser Gang sowieso nur beherbergte, abgerissen [2]. Im Herbst 1978 erfolgte die letzte Umgestaltung zu dem im Wesentlichen noch heute aktuellen Bild.
Jetzt verlassen wir dieses Areal durch Nagels Gang und befinden uns schließlich an der Wakenitzmauer.
Archiv der Hansestadt Lübeck, Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck:
[1] Dokument AR.02: Rabander – Rückfassade
[2] Dokument AW.02: Wakenitzmauer 1‑206
[3] Lübeck zur Zeit unserer Großeltern, Teil III: Stifte, Höfe, Gänge; Prof. W. L. von Lütgendorff, Lübeck 1936; S. 115 f
[4] Wikipedia: Adlergang
[5] Lübeck zur Zeit unserer Großeltern, Teil III: Stifte, Höfe, Gänge; Prof. W. L. von Lütgendorff, Lübeck 1936; S. 114 f
[6] Lübeck, Das alte Stadtbild, Geschichte der Wohngänge, Band 3, Fischergrube bis Hundestraße; Rainer Andresen, Lübeck 1982; S. 83 f
[7] Lübeck, Das alte Stadtbild, Geschichte der Wohngänge, Band 3, Fischergrube bis Hundestraße; Rainer Andresen, Lübeck 1982; S. 87 ff
[8] Lübeck, Das alte Stadtbild, Geschichte der Wohngänge, Band 5, An der Mauer bis Wakenitzmauer; Rainer Andresen, Lübeck 1985; S. 158
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