Zerrahns Gang und
Garbereiter-Gang
Mit dem letzten Blog-Artikel vor den Feiertagen und einer kleinen kreativen Verschnaufpause, verabschiede ich mich heute nicht nur vom Jahr 2017, sondern auch von der Engelsgrube und ergründe die Geheimnisse der letzten beiden Gänge dieser Straße: Zerrahns Gang und Garbereiter-Gang.
Für Zerrahns Gang findet sich eine erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1601 unter dem Namen „Miidelgang“ (oder Müdelgang?). Woher dieser Name stammt, ist allerdings unklar, eine Person dieses Namens wird jedenfalls nicht erwähnt [1]. Sehr wohl bekannt ist ein älterer Name dieses Ganges ab 1475. Zu dieser Zeit gehörter er einem gewissen Hermen Sander und so hieß er folglich – falsch! Nicht „Sanders Gang“, sondern „Sanders Hagen“. Wäre sonst ja auch langweilig… Auch die Bezeichnung „Pumpendreyer-Gang“ taucht auf, allerdings ohne Jahresangaben. So bleibt zu vermuten, dass dieser Name zwischen 1486, dem Verkauf des Gangs durch den Sohn Hermen Sanders und 1659, als der Handelsmann Franz Zerrahn den Gang erwarb, verwendet wurde. Ein Pumpendreyer, also Pumpendreher, stellte Pumpenrohre aus Baumstämmen her.
Auch der Garbereiter-Gang wird 1601 erstmals sogar schon unter diesem Namen erwähnt („Garbreder Gang)“. Zuvor hieß er „Schorsteyns Hagen“, nur findet sich mal wieder kein Hinweis darauf, wieso, weshalb und warum dieser Gang früher so hieß und warum er umbenannt wurde. Garbereiter ist eine völlig aus dem Wortschatz verschwundene Berufsbezeichnung für ein Mittelding zwischen (Schweine-)Schlachter und Koch bzw. Gastwirt. Das Fleisch wurde gebraten oder gekocht zum unmittelbaren Verzehr verkauft [1]. Historisches Fast-Food, sozusagen.
Hinter einer wenig einladenden Fassade mit modernem Schild und handgemalter Hausnummer, verbirgt sich doch ein recht idyllischer kleiner Innenhof. Den Wunsch nach Privatsphäre durch die vorgehängte Kette am Eingang sollte man respektieren, aber einen Blick in den Gang hinein darf man gerne riskieren.
Archiv der Hansestadt Lübeck, Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck:
Guten Tag,
im Januar 2013 habe ich einige Tage in einer Ferienwohnung im Garbereiter Gang gewohnt. Der geschichtliche Hintergrund dieser Gänge ist, wie die ganze Stadt Lübeck, faszinierend und man hat mir damals gesagt, der Name rühre daher, dass seinerzeit die Speisen für die Schiffe hier vorbereitet und haltbar gemacht wurden, da man an Bord entweder gar nicht, oder wenn, dann natürlich sehr zurückhaltend mit Feuer umgehen musste.
Freundliche Grüße
Ellen Wolf
Hallo Frau Wolf,
dass hier Speisen für die Schiffe vorbereitet wurden, hört sich durchaus plausibel an, schließlich ist es von hier auch nicht weit zum Hafen.
Viele Gänge der Lübecker Altstadt tragen solche Berufsbezeichnungen, wie z. B. Schlachter-Gang, Branntweinbrenner-Gang und Glockengießerhof oder die heute etwas aus der Mode geratenen Berufe wie Grützmacher-Hof, Rademacher-Gang oder eben dieser Garbereiter-Gang.
Der Vorteil der Berufsbezeichnungen war, dass man gleich wusste, wo man hingehen muss, wenn man eine bestimmte Ware benötigte oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen wollte. Darüber hinaus blieben die Namen dieser Gänge meist auch deutlich länger bestehen, als diejenigen, die nach ihren Besitzern benannt wurden. Diese änderten sich nämlich meistens dann, wenn ein Gang – aus welchen Gründen auch immer – den Besitzer wechselte und der neue Eigentümer (es waren meistens Herren) seinen Besitz öffentlich kenntlich machen wollte (und wer wollte das nicht?).