Branntweinbrenner-Gang
und Glockengießerhof
Weiter geht es in der Engelsgrube mit zwei Wohnanlagen, deren Namen zweifelsfrei auf Berufe hindeuten. Wie so oft, ist aber auch hier nicht alles so eindeutig, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.
Die ursprüngliche Bebauung des Branntweinbrenner-Ganges lässt sich auf das 16. und 17. Jahrhundert zurückdatieren. Die urkundliche Ersterwähnung erfolgte 1601, allerdings noch unter dem Namen „Kordes Gang“. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts befanden sich hier insgesamt 14 Wohneinheiten. Um die Herkunft des Namens zu erklären, muss man wissen, dass 1352 das Gebäude mit der Hausnummer 61 zusammen mit den Gebäuden Nr. 63 und Nr. 59 dem Ratsherren Bernard Pleskow gehörte, anschließend von 1371 bis 1382 dem Ratsmitglied und Bürgermeister Hartmann Pepersack. Der Name Branntweinbrenner-Gang findet sich erst 1794 und das nur im Zusammenhang mit dem Gebäude Nr. 59. Erst für das Jahr 1870 wird ein Bewohner des Hauses Nr. 59 Namens J. H. H. Lanckau genannt, der von Beruf Branntweinbrenner war [1].
Die Hausnummer 504 auf dem Schild ist noch ein Relikt aus dem Jahr 1820. Im Laufe der Geschichte wurde die Nummerierung der Grundstücke in Lübeck öfter geändert, z. B. während und nach der französischen Besatzung. An einigen Stellen, wie eben hier, findet man heute noch solche dreistelligen Hausnummern. Eine ausführliche Beschreibung der Quartier- und Hausnummern findet sich bei Wikipedia im Artikel Lübecker Hausnummern.
Ähnlich mysteriös ist die Namensherkunft des Glockengießerhofs. Die urkundliche Ersterwähnung stammt ebenfalls aus dem Jahr 1601 unter dem Namen „Krumgang“ [1]. Wann hier möglicherweise Glockengießer gewohnt und/oder gearbeitet haben, ist nicht bekannt.
Archiv der Hansestadt Lübeck, Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck:
Lieber Olaf Pokorny,
tolle Photos, tolle Recherche, schöne Reihe zu den Gängen!
Für den Branntweinbrennergang kann ich zur Namensgeschichte noch etwas beitragen. Mein Vorfahr Hector Albrecht Sühlbrandt, einfacher Soldat beim Lübecker Stadtmilitär, wohnte dort bis zu seinem Tode im Jahr 1814. Im Zuge meiner Familienforschung fand ich die erste Erwähnung schon bei seiner Hochzeit im Jahre 1776 (Quelle: Trauregister St. Jacobi Nr. 76/1776) wie folgt:
„Hector Albrecht Sühlbrandt ein Lübsch Soldat zu Jfr. Anna Rosina Bohvermin
Die Hochzeit in der Engels Grube in Brandwein Brenner Jacks sein Gang in Friedr. Holtz sein Wohnung Dienstag über 14 Tage. Consens.
von Hr. Pastor Becker Copuliert“
Den Branntweinbrenner Jack(s) habe ich allerdings noch nicht ausfindig machen können.
Viele Grüße,
Carsten.
Vielen Dank für Ihren Kommentar, Herr Seiffert. Das ist ja eine spannende Geschichte. An die Kirchenbücher habe ich mich noch nicht begeben, aber da gibt es bestimmt noch eine ganze Reihe solcher und ähnlicher Eintragungen, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.
Hi Olaf,
das hast Du richtig gut recherchiert. Und das darf/kann ich als „der etwas andere Stadtführer“ mit Gut und Recht sagen.
Toll, weiter so
Diese Worte von jemandem, der sich in Lübeck wirklich gut auskennt, bedeuten mir sehr viel. Vielen Dank dafür!