Kreuz-Gang
Kaum hat das neue Jahr begonnen, geht es auch schon weiter mit der Erkundungstour durch Lübecks Gänge und Höfe. Nach der Engelsgrube geht es nun weiter in der Großen Kiesau mit dem Kreuz-Gang in Hausnummer 5. Ein Gang, der eigentlich „Hof“ heißen müsste…
Die älteste Erwähnung dieses Ganges stammt aus dem Jahr 1348 mit dem Hinweis, dass er mit 13 Buden bebaut wurde. Nach 1498 und bis 1564 hieß dieser Gang bzw. Hof noch Schinkels Hof (Hagen), nach dessen Eigentümer Heronymus Schinkel. Dessen Gläubiger verkauften das Anwesen an Wilhelm Meding, der wohl grundlegende Änderungen vornahm und zusammen mit den Grundstücken Engelsgrube 81‑85 diesen Stiftshof errichtete [1]. Als Datum wird hierfür 1556 genannt, wobei es sich sehr wahrscheinlich um einen Zahlendreher handelt. Schließlich fiel der Hof erst 1564 an Meding und je eine Sandsteintafel mit einer Hausmarke an Haus Nr. 3 und Nr. 5 nennt als Jahr der Errichtung 1566.
An dieser Stelle wird es wohl einmal Zeit, den Unterschied zwischen „Gang“ und „Hof“ etwas näher zu beleuchten. Wie schon mehrfach in den Beiträgen angedeutet, ist es nicht immer so ganz nachvollziehbar, wann und warum ein Gang „Gang“ und ein Hof „Hof“ heißt oder warum eben gerade nicht! Ich bin mir selber auch nicht so ganz sicher, ob es für die Namensgebung eine wirklich für alle gültige Definition gibt. Wie wir schon festgestellt haben, wurden viele Namen im Laufe der Geschichte gerne den Namen der wechselnden Besitzer angepasst oder den Berufsgruppen die darin wirtschafteten. In den allermeisten Fällen ist es aber so, dass ein „Hof“ von einem Wohltäter als Wohnanlage für bedürftige Personen gestiftet wurde.
Ein gutes Unterscheidungsmerkmal zwischen Gang und (Stifts-)Hof – unabhängig vom Namen – ist daher in der Regel eine sehr einheitliche Architektur der Gebäude und ein auch ansonsten sehr gepflegtes Äußeres der gesamten Anlage. Schließlich sollte der Glanz des Hofes auch wieder auf seinen Stifter ausstrahlen. Besonders schön kann man dies in den wohl bekanntesten Höfen Lübecks, dem Füchtingshof und Glandorps Hof in der Glockengießerstraße oder dem Haasenhof in der Dr.-Julius-Leber-Straße sehen. Aber auch das Innere des Kreuz-Ganges muss sich nicht verstecken, wenn man einmal von den unvermeidlichen Mülltonnen absieht, die heutzutage in vielen Gängen das Bild ein wenig ruinieren. Vielleicht wäre es ja mal eine Idee, sämtliche Mülltonnen in kleinen Verschlägen aus Holz in einer Ecke verschwinden zu lassen, wie es in manchen Gängen schon gemacht wird. Leider funktioniert das aus Platzgründen nicht immer und überall, aber manch ein Gang oder Hof würde dadurch einiges an Aufenthaltsqualität gewinnen.
Hier auf dem letzten Foto kann man an dem hellen Haus vorne links über der Tür die erwähnte Sandsteintafel mit dem Wappen von Wilhelm Meding und der Jahreszahl 1566 erkennen. Es ist der Blick zurück zum Durchgang zur Großen Kiesau durch das Gebäude auf der rechten Seite.
Archiv der Hansestadt Lübeck, Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck:
[1] Dokument AG.06: Große Gröpelgrube 1‑63, Große Kiesau 1‑48.
Danke für diesen Bericht. In Haus 3 habe ich vor 10 Jahren mal gewohnt. Ein wunderschönes kleines Häuschen!