Schmütz‘ Gang
Nach den etwas schwierigeren Verhältnissen der Gänge an der Wakenitzmauer/Ecke Glockengießerstraße, ist die Sache heute um ein vielfaches leichter zu durchschauen. Läuft man die Glockengießerstraße aufwärts, erreicht man auf der rechten Straßenseite die Hausnummer 83: Schmütz‘ Gang. Auch hier gab es in der Vergangenheit verschiedene Namenspatrone, die uns noch häufiger über den Weg laufen werden…
Erste Hinweise auf eine Bebauung finden sich bereits für das 13. Jahrhundert. Prof. Lütgendorff schreibt, dass „der reiche Hinricus Hildemari“ den vornehmen Besitz 1298 an „Ludolphus de Rostock“ verkaufte, damals allerdings noch „ohne bebauten Hagen“. Ein solcher wird erst 1594 erwähnt, als ein gewisser „Marcus Michel“ das Grundstück seiner Witwe hinterlässt, welches diese wiederum an „Hans Raschke“ veräußert [1].
„Die kleine Tanzwerkstatt“, deren Schild im Foto noch neben dem Eingang hängt, ist inzwischen in den Ballettsaal der Ernestinenschule umgezogen. Im 18. Jahrhundert befand sich im Vorderhaus eine Branntweinbrennerei und -wirtschaft, die ihren Besitzern ein gutes Auskommen sicherte. Bis 1811 kannte man diesen Gang daher auch als „Branntweinbrennergang“. Anton Ernst Günther (1750) und Johann Hinrich Stender (1766) waren wohl auch aus diesem Grund als fleißige Bauherren tätig und hielten Haus und Gang in Schuss. Erst 1786 wurde das Anwesen gerichtlich an Marcus Peter Sievers verkauft. Er und später seine Witwe führten die Wirtschaft erfolgreich fort. Nicht so ihr Nachfolger. Gottlob Hinrich Löding, dem bereits das Nachbargrundstück gehörte, trennte 1811 den Gang ab und verkaufte ihn an den Zimmermann Joachim Conrad Schwoll, dem bereits der auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindliche Schwolls Thorweg gehörte. Passend dazu nannte man diesen Gang nun „Schwolls Gang“ [1]. Ab 1888 findet sich in den Adressbüchern der Name „Richter’s Gang“ [2], doch hielt sich dieser nicht allzu lange. Seit 1898 lautet der Name „Schmütz’s Gang“ [3], nach seinem Besitzer, dem Schankwirt und Fettwarenhändler Ernst August Wilhelm Schmütz.
Zu diesem Gang finden sich übrigens verschiedene Schreibweisen. Im Adressbuch von 1898 heißt er „Schmütz’s Gang“, Prof. Lütgendorff [1] und Rainer Andresen [4] nennen ihn „Schmütz Gang“, in der Karte von OpenStreetMap und auf dem Schild im Eingangsbereich heißt er „Schmützs Gang“. Ich habe mich für die heute richtige Schreibweise mit einfachem Apostroph als Auslassungszeichen für das eigentlich notwendige, in diesem Fall aber überflüssige, Genitiv-s entschieden. Das nur am Rande…
Nur die Häuser auf der rechten Seite im Foto gehören zu diesem Gang sowie zwei quer dazu stehende Häuser am Ende. Vor dem Haus am Ende geht der Gang noch ein kleines Stück weiter nach rechts, zum Eingang des zweiten Querhauses. Auf der linken Seite im Foto sieht man die Rückseiten der Buden aus Lödings Hof. Rainer Andresen berichtet von einer ziemlichen Verwahrlosung und einem möglichen drohenden Abriss der Buden, als er den Gang in den 1980er Jahren aufsuchte [4]. Offensichtlich und zum Glück ist dies nicht passiert, denn heute macht dieser Gang wieder einen ordentlichen und gepflegten Eindruck.
[1] Lübeck zur Zeit unserer Großeltern, Teil III: Stifte, Höfe, Gänge; Prof. W. L. von Lütgendorff, Lübeck 1936; S. 101 f
[2] Lübeckisches Adreßbuch für 1888, Max Schmidt, Lübeck, S. 396
[3] Lübeckisches Adreßbuch für 1898, Max Schmidt, Lübeck, S. 566
[4] Lübeck, Das alte Stadtbild, Geschichte der Wohngänge, Band 3, Fischergrube bis Hundestraße; Rainer Andresen, Lübeck 1982; S. 66 ff
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