Grüner Gang
Verlassen wir nun das Marien Quartier und laufen an St. Petri vorbei nach links, die Schüsselbuden entlang an der Marienkirche vorbei, weiter die Straße Fünfhausen hinunter, über die Bäckergrube geradeaus in die Kupferschmiedestraße und schließlich nach rechts in die Fischergrube – mitten hinein ins Marien Magdalenen Quartier, das alte Seefahrerviertel.
Grüne Gänge gab und gibt es noch häufiger in der Lübecker Altstadt. Neben dem noch heute existierenden Gangsystem aus Hellgrünem Gang und Dunkelgrünen Gang zwischen Engelswisch, Alsheide und An der Untertrave, gab es noch je einen Grünen Gang im Langen Lohberg 20 sowie in der Hüxstraße 65. Wann und warum diese beiden Gänge verschwunden sind, muss ich noch herausfinden…
Warum die Gänge „Grün“ genannt wurden, bleibt ebenfalls nur zu vermuten. Möglicherweise gab es hier auch nach der Bebauung noch etwas mehr Grün zu sehen als in anderen Gängen. Der Grüne Gang in der Fischergrube beherbergt allerdings ganze 13 Ganghäuser [1]. Platz für viel Grün kann da kaum noch geblieben sein. Vielleicht ist der Name ja auf diese mit Efeu bewachsene Mauer auf der rechten Seite im folgenden Bild zurückzuführen. Es zeigt den Blick aus dem Gang zurück in Richtung Fischergrube.
Archiv der Hansestadt Lübeck, Bau- und Architekturgeschichte, Stadtentwicklung in Lübeck:
Der Name rührt von folgender Begebenheit: die Entstehung des Wohngangs geht zurück auf das Jahr 1443, als das Grundstück erstmals als „Hagen“ aktenkundig eingetragen wurde. Nach etlichen Besitzerwechseln gelangte der Gang 1492 in den Besitz des vermögenden Goldschmieds Claus Vogeler. Dessen zweite Ehefrau Heilke hatte offenbar einen richtig grünen Daumen und gestaltete den Hagen mit Unterstützung ihres Stiefsohnes Tönnies binnen kurzer Zeit zur „grünen Oase inmitten der hohen Giebelhäuser“. Die Nachbarschaft erfreute sich offenbar so sehr an dem Garten, dass sich bald der Name „Grüner Hagen“ einbürgerte, der auch Bestandteil der städtischen Urkunden wurde. Der Stiefsohn musste den geliebten „Grünen Hagen“ wegen finanzieller Schwierigkeiten 1531 verkaufen. Eine zweite sinnbildliche „Blüte“ erlebte der Gang von ca. 1600 bis 1630, als die Gattin des damaligen Besitzers den Hagen mit den Gangbuden abermals zur grünen Oase machte. Danach verschwanden die Gartenflächen zusehends für den Bau weiterer Buden. Heute sind es immer noch 13 Ganghäuser.
Quelle: R. Andresen (1982,30-34): Das alte Stadtbild, Lübeck, Geschichte der Wohngänge, Fischergrube bis Hundestraße, Band 3.- Verlag Neue Rundschau, Lübeck.
Vielen Dank für den Hinweis, Herr Sattler. Als ich diesen Artikel geschrieben habe, kannte ich das Werk von Herrn Andresen noch nicht. Wenn ich mal alle Gänge durchgearbeitet habe, werde ich die älteren, so wie diesen hier, auch noch mal überarbeiten.